Seminare
Datum
22.03.19 – 24.03.19
Ort
Berlin
Seminarnummer
WA 1903
Seminargebühr
55,00 Euro

Politik in roten Roben?

Zur Rolle der Justiz in modernen Demokratien

Richterinnen und Richter waren – im Vergleich zu ihren Kolleg/innen aus Parlament und Regierung – traditionell eher unscheinbare Vertreter/innen des Staates. Wenn nicht gerade das Verfassungsgericht über Parteienverbote oder Volkszählungen urteilte, konnte man die dritte Staatsgewalt leicht aus dem Blick verlieren.

Heute ist sie dagegen sichtbarer denn je. Seien es die Entscheidungen in Sachen Diesel-Fahrverbot, Hambacher Wald oder zu Abschiebungen – Gerichtsurteile bestimmen maßgeblich die politische Agenda. Nichtregierungsorganisationen nutzen den Weg des Rechts strategisch, um Ansprüche Einzelner gegen große Unternehmen durchzusetzen.

Sind Gerichtsentscheidungen also der letzte Ausweg, wenn der Rest der demokratischen Institutionen an der Problemlösung zu scheitern scheint? Oder maßen sich Gerichte schon zu viel Gestaltungsmacht an, die eigentlich dem demokratisch gewählten Parlament vorbehalten sein sollte? Gleichzeitig haben viele höchste Gerichte – etwa in Polen oder den USA – aufgrund der politisch motivierten Besetzung von Richter/innenposten ihre Unabhängigkeit eingebüßt. Werden Gerichte also vermehrt auch in Demokratien zum Spielball politischer Interessen?

Gemeinsam mit Euch wollen wir die unterschiedlichen Rollen, die Gerichte heutzutage im politischen Geschehen einnehmen, in den Blick nehmen und dabei Antworten auf die Frage finden, wieviel politische Gestaltungsmacht Richterinnen und Richter in modernen Demokratien haben sollten. Zu unseren Diskussionen laden wir auch Expertinnen und Experten aus Justiz, Anwaltskanzleien und der Wissenschaft (siehe Gastreferent/innen Seminarteam) ein.

Programm

 

1. Tag
Anreise bis 18:00 Uhr

Die Dritte Gewalt
Funktion und Unabhängigkeit der Justiz in einer Demokratie

 

2. Tag

Gerichte als Motor der Politik?
Reichweite von Gerichtsurteilen in der Politik von heute

Gerichte als Spielball der Politik?
Beispiele und Folgen von politischer Einflussnahme auf die Justiz

 

3. Tag

In die rote Robe schlüpfen
Simulation zum Verfassungsgericht

Das Seminar endet um 15:00 Uhr.

Das Seminarteam

Judith Hartmann, M.A., hat Politikwissenschaft, Völkerrecht und Interkulturelle Kommunikation in München studiert und am Center for Research Architecture in London geforscht. Beruflich ist sie als Personalberaterin für das Sozialunternehmen Talents4Good tätig und hilft NGOs durch die Rekrutierung passender und motivierter Mitarbeitender, ihre politische Wirkung zu vergrößern. Judith leitet und referiert seit vielen Jahren Ferien- und WochenendAkademien für den v.f.h. und war zwischenzeitlich Mitglied des Vorstands.

Jochen Ahlswede hat Physik und Politikwissenschaften in Münster und Hamburg studiert und seine Abschlussarbeit über Fragen der nuklearen Rüstungskontrolle geschrieben. Er arbeitet als Referatsleiter im Leitungsstab des Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit. Bei dem Thema der Entsorgung radioaktiver Abfälle sind politische und juristische Fragen Teil seiner täglichen Arbeit. Jochen leitet seit einigen Jahren Ferien- und WochenendAkademien für den v.f.h.

Gastreferent/innen

Prof. Dr. Hermann E. Ott ist Leiter des deutschen Büros der internationalen Umweltrechtsorganisation Client-Earth und lehrt als Honorarprofessor an der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde. Von 1994 bis 2009 und 2014 bis 2018 arbeitete er für das Wuppertal Institut, u.a. als Leiter der Abteilung Klimapolitik und als Gründer und Leiter des Berliner Büros. Zuvor war er Rechtsanwalt für Umwelt- und Strafsachen. Als Mitglied des Bundestages 2009 bis 2013 war er Klimapolitischer Sprecher für B90/Grüne sowie Obmann der Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“. Er diente von 2001 bis 2007 als Aufsichtsrat von Greenpeace Deutschland, war stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Umweltstiftung und ist seit Oktober 2016 im Präsidium des Deutschen Naturschutzrings. Webseite: www.hermann-e-ott.de.

Dr. John Philipp Thurn ist Richter am Sozialgericht Berlin und Mitglied der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), einer NGO zur strategischen Prozessführung für Grund- und Menschenrechte (link: www.freiheitsrechte.org). Er publiziert zu bürgerrechtlichen Themen und war Antragsteller in den erfolgreichen Verfahren des Freiburger Arbeitskreises kritischer Juristinnen und Juristen (akj) gegen polizeiliche Alkoholverbote im öffentlichen Raum.

Astrid Siegmund ist seit 2011 Vorsitzende Richterin am Landgericht Berlin (Mietberufungskammer), sie war zuvor mehrere Jahre als Richterin am Amtsgericht tätig. Sie verfügt über Erfahrungen im nationalen und europäischen Gesetzgebungsverfahren aufgrund ihrer Tätigkeit im Europäischen Parlament sowie jeweils zweijähriger Abordnungen an den Deutschen Bundestag und das Bundesministerium der Justiz. Astrid Siegmund ist nebenamtlich Leiterin von Referendar-Arbeitsgemeinschaften und Lehrbeauftragte an der Humboldt-Universität Berlin. Sie ist Mitautorin des BeckOGK Zivilrecht und des BeckOK Mietrecht.

Literaturhinweise

  • Zum Bundesverfassungsgericht Link
  • Zur Frage des Schadensersatzes für Mitverantwortung am Klimawandel Link
  • Zum Urteil Hambacher Wald Link
  • Zur Justizreform in Polen Link

Die WochenendAkademie Politik richtet sich an junge Erwachsene ab 18 Jahren. Die Teilnahme am gesamten Programm sowie die Übernachtung in der Tagungsstätte sind verbindlich. In der Seminargebühr sind Übernachtung und Verpflegung (VP) enthalten. Die Seminargebühr wird bar auf dem Seminar entrichtet. Die Reisekosten sind selbst zu tragen und zu organisieren.

Tagungsstätte
Sophienhof Berlin
Straße
Sophienstraße 19
PLZ
10178
Stadt
Berlin
Land
Deutschland
Ausdrucken