Die Europäische Union (EU) versteht sich nicht nur als wirtschaftliche und politische Gemeinschaft, sondern als Werteunion, in der der Schutz von Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie obersten Stellenwert haben (sollen). Doch der kritische Blick auf konkrete EU-Politiken wie die EU-Migrations- und Asylpolitik zeigt deutliche Risse im Selbstverständnis der EU als Menschenrechtsförderin. Laut UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, ist das Mittelmeer weiterhin die gefährlichste Flüchtlingsroute der Welt. Allein letztes Jahr kamen auf diesem Weg nach Europa mehr als 3.000 Menschen ums Leben oder wurden vermisst. Der humanitäre Notstand und die sog. Pushbacks (bzw. ‚Drift-backs‘) an den EU-Außengrenzen, auch unter Beteiligung von Frontex, der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache, führen immer wieder zu heftiger Kritik und Protesten.
Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen kritisieren: Die EU-Staaten haben bisher kaum Fortschritte bei der Entwicklung einer die Menschenrechte achtenden Migrationspolitik oder bei der gerechten Aufteilung der Verantwortung für Migrant:innen, Asylbewerber:innen und Geflüchtete gemacht. Konsens zeigen die EU und ihre Mitglieder lediglich bei der Abschottung der Grenzen und der Externalisierung der Verantwortung auf Kosten der Menschenrechte.
Auf diesem Seminar nehmen wir die vielfach kritisierte Diskrepanz zwischen der Menschenrechtsrhetorik der EU und ihrer tatsächlichen Praxis unter die Lupe und diskutieren mit migrations- und menschenrechtspolitischen Expert:innen. Inwieweit kommt die EU ihren internationalen Schutzverpflichtungen nach, und wo besteht dringender Handlungsbedarf? Welche Ansätze gibt es, auf UN- wie EU-Ebene, um die humanitäre Hilfe, Unterstützung und Lösungen für Menschen, die internationalen Schutzes bedürfen, sowie für Überlebende von schweren Menschenrechtsverletzungen, zu verstärken? Und wie kann die EU ihrem Anspruch als Wertegemeinschaft und Menschenrechtsförderin gerecht werden, wenn sich angesichts bewaffneter Konflikte, den Auswirkungen des Klimawandels und verstärkter Hungerkrisen die weltweite Zahl an Flüchtenden erhöht? Die Gespräche werden in Deutsch und Englisch geführt.
Die Veranstaltung findet in Kooperation mit dem Verein Internationale Beziehungen e.V. statt. Voraussetzung für die Teilnahme ist ein vollständiger Corona-Impfschutz. Anmeldeschluss ist der 12.10.2022.